Presse

Freundin Donna

1 / 2010


 

Meine Chefin könnte meine Tochter sein!

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Auszug aus dem Artikel:
Jüngere, so Claudia Nuber, können mit einer deutlichen Sprache gut umgehen. Und sie haben gelernt, wie man sich für sich selbst einsetzt.

"Berufstätige um die dreißig sind an Selbstdarstellung gewöhnt. Sie vermeiden Konflikte nicht um der Harmonie willen, sondern sehen sie als Herausforderung an. Darum sollte man die Scheu überwinden und eigene Wünsche offen ansprechen."

Das lernte Margot Wolff, Einzelhandelskauffrau aus Stuttgart, erst nach leidvoller Erfahrung. Die 55-Jährige, die ihren richtigen Namen und die aller Beteiligten nicht nennen möchte, freute sich zunächst auf die Zusammenarbeit, als sie ihre neue Chefin das erste Mal sah: "Mit 35 Jahren war Daniela Götz zwei Jahre älter als meine Tochter. Ich dachte, wir würden uns super verstehen." So war es auch. Die beiden hatten einen guten Draht zueinander. Margot Wolff hatte fast 25 Jahre Berufserfahrung. Daniela Götz schätzte ihr Fachwissen und psychologisches Geschick im Umgang mit Kunden und sparte nicht mit Lob.

Obwohl Margot Wolff die Filiale ein halbes Jahr kommissarisch geleitet hatte, sah sie kein Problem darin, einen Schritt zurückzutreten. "Mein Gehalt änderte sich nicht, und meine Chefin übertrug mir weiterhin die Kassenhoheit, Urlaubsplanung oder Dekorationsentscheidungen." Schwierig wurde es, als nach einem Jahr Birgit Haug ins Team kam. "Daniela war begeistert von der Neuen, die im gleichen Alter war und zwei kleine Kinder hatte. Sie selbst wollte auch Mutter werden", erzählt Margot Wolff. Vom ersten Tag an gluckten die jüngeren Frauen zusammen. "Damit hatte ich kein Problem. Sie gehörten einer Generation an, hatten ähnliche Interessen." Doch die Neue war ehrgeizig und machtbewusst. "Sie hängte To-do-Listen für mich auf, obwohl wir auf einer Hierarchieebene waren, und sprach mit mir wie mit einer Begriffsstutzigen."

Die Chefin ließ ihre Freundin gewähren und änderte selbst ihren Ton gegenüber der Älteren. Was Margot Wolff nicht wusste: Die jüngere Kollegin arbeitete daran, die Filialleitung zu übernehmen, wenn Daniela Götz schwanger werden würde: "Sie wertete meine Arbeit ab, stellte infrage, wie ich Kundengespräche führte. Ich konnte nichts mehr recht machen." Margot Wolff zog sich mehr und mehr zurück.

"Gerade die Älteren scheuen sich, mit Machtkonflikten offensiv umzugehen", sagt Claudia Nuber. "Sie sehen fassungslos zu, wenn eine Kollegin versucht, um jeden Preis und mit unfairen Methoden Karriere zu machen." Margot Wolff hatte selbst nie einen Aufstieg auf Kosten anderer gewollt. "Ich bin alleinerziehende Mutter und schon mit wenig Geld ausgekommen. Ich wäre nur glücklich in einer Chefposition, wenn es anderen auch gut damit geht." Eine kollegiale Einstellung, die leider zur "Kuschelfalle" werden kann, warnt Business-Coach Claudia Nuber. Statt bei der jungen Rivalin auf den Tisch zu hauen oder die Chefin auf die Situation anzusprechen, gab Margot Wolff klein bei. Aus Furcht, die angespannte Stimmung könnte erst recht kippen. "Heute weiß ich, dass es falsch war, meinem Ärger nicht gleich Luft zu verschaffen."

Als ihre Chefin schwanger und Birgit Haug zur neuen Filialleiterin bestimmt wurde, zog Margot Wolff die Reißleine und kündigte. Ein Schritt, der die Einzelhandelskauffrau sehr ängstigte - und heute stolz macht. Bald darauf fand sie einen neuen Job. Dort arbeitet sie besonders eng mit einer gleichaltrigen Kollegin zusammen. Ihr Fazit - nie mehr eine Jüngere? "Nein. Ich bin nicht generell von jüngeren Frauen enttäuscht. Die Probleme lagen in der Persönlichkeit meiner Chefin. Sie war einfach nicht stark und erfahren genug für Fairplay." Noch etwas hat sie aus der Vergangenheit gelernt: "Ich lasse mir weniger gefallen. Und ich weise deutlicher darauf hin, was ich kann."

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